Natürlich gibt es sie, die Überflieger, die 1,0 Abiturienten und Summa Cum Laude Absolventen. Auf die meisten von uns trifft dies aber wahrscheinlich nicht zu und wir müssen Wohl oder Übel etwas tun für das was wir erreichen wollen. Manchmal mehr, manchmal weniger. Ein angestrebter Jobwechsel oder gar der Einstieg in den Arbeitsmarkt ist zum Beispiel ohne eine gewisse Form von Anstrengung wahrscheinlich nicht zu erreichen. Zugegeben, der Arbeitsmarkt ist heute viel entspannter, aber für mich war das zu Beginn meiner Karriere anders.
Ich war wohl das, was man einen Langzeitstudenten nennt. Habe dafür während meiner Zeit an der Uni das Sonderpädagogik-Studium gegen ein Studium der Diplompädagogik getauscht, weil ich nicht der Meinung war, dass aus mir ein guter Lehrer für Kinder und Jugendliche werden würde. Außerdem wollte ich einen Großteil meines Studiums eigentlich nur eines werden und zwar Rockstar! Die Welt der Stars und Sternchen ist aber leider nicht jedem zugänglich und unsere famose Band löste sich nach einigen Jahren auf. Nun also doch “Plan B”. Das Ende meines Studiums wurde dann auch noch ein wenig durch die Tatsache beschleunigt, dass meine Partnerin und ich das erste Mal Eltern werden sollten und ich nun endgültig auf den “echten” Arbeitsmarkt musste. Es war an der Zeit erwachsen zu werden.
Als ich dann, zur Erleichterung aller, endlich mein Studium erfolgreich (und mit recht guten Noten) beendete, stellte ich ernüchternd fest, dass tatsächlich niemand auf mich wartete. Zumindest nicht auf einen Diplom Pädagogen, der seine Passion, neben der Musik, im Personalbereich hatte.
Ein sicher geglaubter Job fiel den Auswirkungen von “Nine-Eleven” und ein wenig auch meiner eigenen Überheblichkeit zum Opfer und ich sah mich in einer Position, in der ich nie sein wollte und die ich nicht kannte: Ich brauchte DRINGEND(!) einen Job.
Ich war immer der Meinung, mit einem gut abgeschlossenen Studium findet man sicher etwas auf dem Markt das passt, sah mich aber getäuscht. Ich las also täglich die Stellenausschreibungen und schrieb eine Bewerbung nach der anderen. Ich setzte Flyer auf, die für mich warben und versandte diese initiativ an alle möglichen Firmen der Stadt. Ich nahm einen Job an, der weit unter meiner Qualifikation und Gehaltsvorstellung war, aber zu unserem Lebensunterhalt beitrug und ich schrieb und schrieb und schrieb weiter Bewerbungen. Ab und zu durfte ich mal zu einem Bewerbungsgespräch, am Ende waren es jedoch über zwei Jahre lang nur Absagen. Es war keine einfache Zeit, auf allen Ebenen. Und dennoch, irgendwann, nach mehr als zwei Jahren fand ich den langersehnten Einstieg in den Personalbereich. Die gesammelten Erfahrungen aus meinen Praktika und natürlich auch die Tatsache, dass ich so lange in dem Job ausgehalten hatte, den ich so hasste, halfen mir, mich schnell zurechtzufinden und gleichzeitig dankbar zu sein. Ich knüpfte viele Kontakte und nicht einmal zwei Jahre später konnte ich diese Stelle für eine höhere Position verlassen. Diesmal war nur eine Bewerbung nötig, und ich hatte einen Vorteil, den andere Bewerber nicht hatten: die Erfahrung von 143 Bewerbungen und 19 Vorstellungsgesprächen und das Wissen, dass am Ende alles klappen würde. Das hat mich entspannter gemacht und in meiner gesamten Laufbahn begleitet.
Die meisten Bewerber um einen neuen Job kennen das Gefühl abgelehnt oder nicht berücksichtigt zu werden, denn rein rechnerisch ist es ja das Normalste der Welt, dass jemand anderes als ich den Job bekommt. Es gibt Tage, Wochen und Monate in denen es scheint, als könne man machen was man wolle und sich strecken wie es nur geht und trotzdem klappt nichts. Was macht man in diesen Situationen? Wie hält man die Spannung und sich dabei motiviert? Hier zwei Tricks, die man jederzeit anwenden kann, um solche harten Phasen zu überstehen.
Zum ersten ein Satz von Steve Chandler, einem meiner Lieblings-Coaches: “Das JA lebt im NEINland, habe keine Angst vor dem NEIN".
Ich finde diesen Satz wunderbar und man kann ihn in verschiedenen Situationen einer Karriere anwenden. Als ich als junger Absolvent eine Bewerbung nach der anderen schrieb, war ich immer froh, wenn immer 2-3 noch offen und unbeantwortet waren. Das hieß für mich, dass jederzeit etwas passieren könnte. Jederzeit könnte das Telefon klingeln und ich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden oder jederzeit könnte mir jemand einen Job anbieten. Das hat mich motiviert immer weiterzumachen, immer weiter Bewerbungen zu produzieren. Auch der Gang zum Briefkasten (ja, damals kamen Einladungen, aber leider auch viel mehr Absagen, gerne noch per Post) war für mich etwas Besonderes. Chandler sagt sogar, man solle sich über jedes NEIN freuen, denn es ist ein Zeichen dafür, dass man etwas tut. Das stimmt. Ich fand dies damals allerdings nicht so einfach, denn in jeder Bewerbung lag immer ein Stück Hoffnung, die plötzlich gestorben ist. Dennoch hat Chandler recht, es ist ein guter Indikator, um zu beurteilen, wie viel von der richtigen Arbeit getan wurde.
Etwas anderes, was mir damals geholfen hat, war eine positive Grundeinstellung und in der Enttäuschung immer auch etwas Gutes zu erkennen. Jeder kennt, in einem Vorstellungsgespräch alles gegeben und ein tolles Gefühl zu haben und dennoch eine Woche später eine Absage im Posteingang zu haben. Das ist natürlich nicht schön und kann sehr enttäuschend sein, aber was kann denn das Positive in der Situation sein? Schauen wir mal:
Ich war einer der wenigen, die ein Jobinterview hatten, dass heißt meine Bewerbungsunterlagen sind gut und haben der Organisation gefallen.
Ich konnte mich innerhalb eines Gesprächs beweisen und es war eine Lernerfahrung.
Mir sind Dinge aufgefallen, die ich richtig gut gemacht habe und Dinge, die ich nächstes Mal anders machen werde.
Ich bin noch frei und wer weiß? Vielleicht ist das nächste Gespräch bei dem Unternehmen meiner Träume.
Mit dieser Denkweise geht man auch etwas lockerer ins nächste Interview. Anstelle zu denken “ich muss diesen Job unbedingt bekommen”, ist es hilfreicher zu sagen, “ich gehe da jetzt rein, versuche mein Bestes und werde in jedem Fall etwas lernen”. Aus meiner Erfahrung aus vielen Jahren als Entscheider in unzähligen Interviews kann ich sagen, dass es viel mehr Spaß bringt, wenn mein Gegenüber selbstbewusst, neugierig und entspannt ist.
Stehen Sie vor einem Karrierechange oder gerade am Anfang Ihrer Karriere und benötigen Hilfe? Dann kontaktieren Sie mich gern!
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